Paperworlds – Blätterwelten


Ausstellung vom
03.11.2021 bis zum 28.01.2022,

Schule des Sehens auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

 
 

Als Alternative zum Mainstream wollen unabhängige Zeitschriften, sogenannte indie mags, vieles anders machen. Trotz des oft beschworenen Niedergangs von Print boomt der Indie-Zeitschriftenmarkt seit den 2010ern ungebrochen. Im Independent-Bereich trifft außergewöhnliches Design auf unterrepräsentierte Themen und neue Perspektiven. Zum Beispiel verwenden marginalisierte Gruppen Zeitschriften als Sprachrohr für Anliegen, die im Mainstream-Markt keine Plattform finden. Migrantische und sexuelle Minderheiten nutzen Magazine als gemeinschaftsbildende Darstellungsformen. Andere Indies zielen auf alternative Lifestyles, Hobbies, Sport, Mode und Design. Das Alltägliche und Gewöhnliche wird durch die künstlerische Gestaltung ungewöhnlich.

Die Ausstellung ist als walk-by exhibition konzipiert. Durch Magazine exemplarisch illustriert werden die vier Bereiche

Zur Eröffnung erscheinen englischsprachige Videoclips, die hier zum Anschauen bereitstehen, sowie ein zweisprachiges Magazin (PDF-Download).

Hier finden Sie den Flyer der Ausstellung zum Download (PDF).

Unten auf dieser Seite findet sich eine Liste der Personen und Institutionen, die zum Entstehen der Ausstellung beigetragen haben.

 

 

PRINT & DIGITAL

Als in den 1990er Jahren in den westlichen Ländern immer mehr Menschen zu Internetnutzer:innen wurden, verloren Zeitschriften ihre Leser:innen. Es ist einfacher, sich online zu informieren – der Gang zum Kiosk und zum Altpapier entfällt, Webseiten werden ständig aktualisiert und sind oft kostenlos. „Print is dead“ heißt es seitdem. In der Nische der Indie-Magazine verlief die Entwicklung aber gegenläufig: Die Digitalisierung machte es leichter und günstiger, Magazine in kleiner Auflage herzustellen. Und je mehr Computer und Smartphones Teil des Alltags wurden, desto mehr sehnten sich ihre Nutzer:innen nach einer Auszeit: Papier statt Bildschirm, blättern statt scrollen und der Sound von Papier statt des Lüfters. Diesen Trend nahmen zuerst die Indie-Magazine auf. Sie zeigen, was Papier alles (sein) kann.

Vorgestellte Magazine / Magazines Presented

Momma Tried A Profound Waste of Time Rubbish Famzine Vangardist

Video

Momma Tried:

 

COVER

Mit dem Aufstieg der Zeitschriften zum Massenmedium im 20. Jahrhundert rückte das Cover als ausdrucksstarkes Gesicht der Zeitschrift in den Vordergrund. Für das Gros der Publikumszeitschriften gilt noch heute die Regel, dass die Titelseite so plakativ gestaltet sein sollte, dass diese sowohl Verkaufsargumente liefert als auch Neugier erweckt für die Inhalte. Gegen den Überfluss von Titelseiten am Kiosk mit ihrer optisch-inhaltlichen Aufforderung zum „Kauf mich!“ setzen Magazine abseits des Mainstreams auf eine kreative Gestaltung aus Fotografie, Illustration, Typografie und Farbigkeit. Indie-Magazine inszenieren ein innovatives Spiel aus Wort und Bild, um ihre Botschaften auf Papier zu vermitteln. Entgegen dem Trend zum Wegscrollen und Wegklicken setzt das Indie-Cover auf Überraschung, so dass man das Magazin nicht weglegt, sondern in der Hand hält und reinblättert. Es lädt ein, über unsere Gesellschaft und unser Leben zu reflektieren und macht Indies zu nachhaltigen Zeitdokumenten.

Vorgestellte Magazine / Magazines Presented

Renk MC1R Ladybeard

Videos

Renk:

Ladybeard:

 

SPRACHE / LANGUAGE

In unserer globalisierten Welt ist die Mehrsprachigkeit allgegenwärtig. Übersetzung spielt eine wesentliche Rolle darin, die Verbreitung von Magazinen an ein breiteres Publikum zu fördern. Redaktionen gehen heute davon aus, dass ihre Hauptthemen Problematiken beinhalten, die eine größere Leserschaft interessiert und die sich somit erfolgreich über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg verbreiten lassen. Unabhängige Magazine sind oft englischsprachige Publikationen, die darauf abzielen, einen globalen Markt von Leser:innen zu erreichen, die meist Englisch als zweite oder dritte Sprache haben. Sie wenden immer häufiger Übersetzung an, um ihren Leser:innen einen Einblick in typische lokale Besonderheiten anderer Länder und Kulturen zu geben. Manche dienen sogar als Sprachrohr für Menschen aus Gemeinschaften, die aufgrund ihrer Sprache selten gehört werden, da andere Sprachen und Diskurse in der Mainstream-Presse sehr viel dominanter sind. Allgemeiner gesagt: Indie-Magazine verwenden Englisch als Lingua franca, um supranationale Gemeinschaften aus Leser:innen zusammenzubringen, die auf Englisch die verschiedensten Themenbereiche wie Kochen, Mode, Architektur, Videospiele und die Klimaerwärmung besprechen.

Vorgestellte Magazine / Magazines Presented

It’s Freezing in LA! FÆÐA / FOOD Benji Knewman
 

ZEIT & ALLTAG / TIME & EVERYDAY LIFE

Mit ihrem regelmäßigen Erscheinen als Wochen-, Monats- oder Vierteljahrsschrift trägt eine Zeitschrift dazu bei, den Alltag ihrer Leser:innen zu strukturieren. Verkaufsfördernd ist in der Regel die enge Beziehung eines Magazins zur Gegenwart. Indie mags gehen oft innovativ mit den allgemeinen Merkmalen Periodizität und Zeitlichkeit um. So erscheinen sie nur zwei Mal im Jahr oder in unregelmäßigen Abständen. Darüber hinaus tendieren sie dazu, das Unspektakuläre, Alltägliche oder Vergessene auszustellen. Auf diese Weise versuchen sie, unserem kurzlebigen Interesse am Sensationellen entgegenzuwirken und alternative Einstellungen
und Lebensstile zu entwerfen. Die COVID-19-Pandemie hat diesem Trend eine interessante neue Wendung gegeben.

Vorgestellte Magazine / Magazines Presented

Ordinary South London Review of Hand Sanitiser Delayed Gratification

Videos

Ordinary:

South London Review of Hand Sanitiser:

 

BEITRAGENDE / CONTRIBUTORS

Autor:innen / Contributors

Irene Brouwer (It’s Freezing in LA!), Christian Burger (MC1R), Jutta Ernst (Zeit & Alltag; Ladybeard), Sabina Fazli (Einführung; Print & Digital; Momma Tried; Renk), Valentinas Iukov (A Profound Waste of Time), Yasamin Khalighi (Rubbish FAMzine), Franziska
Kolling (Vangardist), Miljanaa Lahdenperä (Benji Knewman), Alison E. Martin (Sprache; South London Review of Hand Sanitiser), Oliver Scheiding (Cover; Ordinary), Viktoria Stock (Faeda), Sandra Zendel (Delayed Gratification), Selina Miltner (Übersetzungen)

Sprecher:innen der Videoclips / Voice-over in the Video Clips

Inke Klabunde, Frank Newton, Prof. Dr. Oliver Scheiding

Partner / Partners

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Obama Institute, Freunde der Universität Mainz e. V., Schule des Sehens Mainz

Design & Videoproduktion / Design & Video Production

artefont: Tanja Labs, Jonas Otte

Image credits

Covers reproduced with permission. See the exhibition magazine (PDF) for details.